19.06.2015
Russlands Präsident Wladimir Putin will seinem Land beim 19. internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg (18. bis 20. Juni) neue Impulse geben. Die Veranstaltung gilt als Schaufenster der Rohstoffmacht und ist bekannt für den Abschluss von Milliardengeschäften. Erwartet wird ein Treffen zwischen Putin und dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras, bei dem das große Pipeline-Projekt Turkish Stream weiter vorangetrieben werden könnte. Das ist Grund genug, um nach unserer Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu fragen.
Moskau/St. Petersburg/Hamburg - Gerade im Winter wärmt russisches Erdgas die Wohnzimmer in Deutschland und anderen EU-Staaten. Russland deckte 2014 nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) 38 Prozent der deutschen Erdgaseinfuhren ab, zudem entfielen 34 Prozent der Öl- und 27,7 Prozent der Steinkohleimporte auf das Land. Trotz Energiewende wird rund ein Viertel des deutschen Energiebedarfs noch mit russischer Hilfe gesichert. Zugleich zeigt sich, was ein milder Winter, Energieeinsparungen und der Ausbau erneuerbarer Energien bewirken kann: 2014 gingen die Erdgasimporte Deutschlands insgesamt um 11,1 Prozent zurück - so verringerte sich etwas die Abhängigkeit.
Im Schnitt beziehen die EU-Staaten nach Angaben der EU-Kommission etwa 30 Prozent ihrer Erdgas- und 35 Prozent ihrer Rohölimporte aus Russland. Auch bei festen fossilen Brennstoffimporten wie Kohle liegt Russland vorne. Die EU ist laut Kommission der größte Energieimporteur weltweit: 53 Prozent der Energie werden eingeführt, die jährlichen Kosten dafür betragen rund 400 Milliarden Euro. Sechs EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Slowakei) sind bei ihren Gasimporten von einem Land abhängig.
Mit Hilfe des neuen Pipeline-Projekts Turkish Stream will Russland ab Ende 2016 jährlich bis zu 63 Milliarden Kubikmeter Gas durch das Schwarze Meer in die Türkei leiten. Entsprechende Gespräche zwischen Kremlchef Putin und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sind am Laufen. Von der Türkei aus ist geplant, große Mengen über Griechenland nach Südosteuropa zu liefern, um damit die Ukraine als Transitland in die EU zu umgehen. Eine Zustimmung Griechenlands steht noch aus.
Wegen der Ukraine-Krise bemühen sich die EU, aber auch die G7-Staaten um Energie-Alternativen, zum Beispiel mehr Flüssiggas-Importe aus der Golfregion. Auch wenn gerne über die Strompreise geschimpft wird: Knapp 100 Milliarden Euro pro Jahr kosteten zuletzt allein Deutschland die fossilen Energieimporte. Mehr Ökostrom und Fortschritte bei der Versorgung mit Ökoenergie auch beim Heizen könnten diese Kosten und Abhängigkeiten künftig deutlich minimieren.
Text: dpa/pvg