28.08.2015
Kroatien träumt von einer Schlüsselstellung in der Energieversorgung. EU und USA sehen eine Möglichkeit, Europas Abhängigkeit von russischem Gas weiter zu verringern. Doch Umweltschützer laufen gegen die Ölförderung in der Adria Sturm. Und auch ein Terminal für Flüssiggas ist vorerst nur ein Projekt.
Zagreb - Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic wollte die Umweltschützer besänftigen, weckte aber im gleichen Atemzug riesige Erwartungen. „Erst Erforschung, dann werden wir sehen, ob wir das ausbeuten“, sagte er vor Umweltschützern in der vergangenen Woche. Es geht um die Öl- und Gasförderung in der Adria vor den Küsten des EU-Mitglieds. Und dann ließ der Spitzenpolitiker durchblicken, dass es möglicherweise Reserven „für die nächsten fünf Generationen von Kroaten“ geben könnte. Davon könnte man sich auch konstant niedrige Gaspreise versprechen.
Auch Wirtschaftsminister Ivan Vrdoljak ist elektrisiert. „Für mich wäre es politisch leichter, die Finger davon zu lassen. Aber das ist ein strategisches Projekt“, sagt er im dpa-Gespräch in Zagreb. Er versteht die Proteste der Umweltaktivisten nicht. „Italien fördert auf der anderen Seite der Adria seit 25 Jahren jährlich zehn Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr und niemanden stört's“, argumentiert er. Und die bisher wenigen kroatischen Förderplattformen stünden gerade vor der Halbinsel Istrien, immerhin der wichtigsten Tourismusregion.
Ende Juli erhielten die Öl- und Gaspläne der Regierung einen empfindlichen Rückschlag, als sich ein österreichisch-amerikanisches Konsortium aus dem Projekt zurückzog. Der Streit Kroatiens mit dem Nachbarn Montenegro um die Grenzziehung im Meer stehe dem Vorhaben entgegen, so die offizielle Begründung. Die Regierung hat die frei gewordenen potenziellen Erdöl- und Gasfelder wieder neu ausgeschrieben.
Das zweite große Projekt - gerade von der Regierung mit dem Etikett strategische Priorität versehen - ist der Bau eines Terminals für Naturflüssiggas (LNG) auf der Insel Krk in der nördlichen Adria. Nachdem die EU fünf Millionen Euro für die Dokumentation des Projekts spendiert hatte, soll das Terminal auf der Westbalkankonferenz am 27. August in Wien abgesegnet werden. Für eine Milliarde Euro soll ab nächstem Jahr die Anlage für jährlich bis zu sechs Milliarden Kubikmeter Gas errichtet werden und mit den dazugehörenden neuen Leitungen die Region versorgen.
Die EU und die USA dringen darauf, Südosteuropa so unabhängiger von russischem Erdgas zu machen. Gerade hat US-Vizepräsident Joe Biden Serbien nach Medienberichten angeboten, sich auf diesem Weg zu versorgen. Beliefert werden soll das neue Terminal mit Tankern aus dem arabischen und amerikanischen Raum. In der Endstufe soll das neue Energie-Zentrum mit einer ähnlichen Anlage im polnischen Swinemünde verbunden sein.
Die Bürgermeisterin von Omisalj, wo das Terminal auf dem Gebiet der bankrotten „Dina-Petrokemija“ entstehen soll, ist Feuer und Flamme. „Das ist eine ausgereifte Technik und wir müssen uns wirklich nicht fürchten“, beruhigt sie die mehr als skeptische Bevölkerung. Schließlich fänden 1.000 Menschen beim Bau Beschäftigung und Dutzende Ingenieure später im Betrieb der Anlage. Allerdings habe sie „große Zweifel, ob das Projekt jemals realisiert wird“. Schließlich seien die Eigentumsverhältnisse von „Petrokemija“ seit vielen Jahren unklar und vor Gericht. „Wenn das aber wirklich ein strategisches Objekt ist, dann muss die Regierung jede Kuna aus dem Staatshaushalt dafür bereitstellen“, verlangt sie.
Hintergrundinformationen zum Thema liefert das folgende Video:
Quelle: YouTube/DW (Deutsch)
Text: dpa/pvg