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Russischer Gaslieferstopp: Wie verletzlich sind wir?

(Foto) Stresstest zu GaslieferstoppDer Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine hat in den letzten Monaten für große Unsicherheit unter Verbrauchern in Europa geführt. Welche Folgen hätte ein russischer Boykott der Gaslieferung? Müssten wir im Winter alle frieren? Aufschluss gibt ein Gasversorgungs-Stresstest der EU-Kommission.

Geht es auch ohne russisches Gas?

Mehr als ein Drittel des Gasbedarfs decken die EU-Mitgliedsstaaten mit russischen Gaslieferungen. Ein Lieferstopp seitens des russischen Gaskonzerns Gazprom würde die EU demnach hat treffen, so die Befürchtung vieler Experten. Entwarnung gibt nun aber eine Studie der EU-Kommission. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die EU-Länder selbst bei einem „Worst-Case“-Szenario ihre Gasversorgung einigermaßen gut aufrechterhalten könnten. Günther Oettinger – noch in seiner Funktion als EU-Energiekommissar – erklärte, dass die EU zwar „verletzbar“ sei, aber auch in einem schwierigen Fall zurecht käme.

Gegenmaßnahmen der EU

Der Gasversorgungs-Stresstest wurde Ende Juni auf dem EU-Gipfel in Auftrag geben, vor Kurzem wurden die Ergebnisse präsentiert. Für den Stresstest untersuchten die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten, ob und wie ein Stopp russischer Gaslieferungen über einen Zeitraum von sechs Monaten kompensiert werden könnte. Das Ergebnis erscheint zunächst beruhigend, doch ein wenig Schönrechnerei steckt auch dahinter. Die EU bezieht mehr als ein Drittel ihres Gasbedarfs aus Russland, doch für den Stresstest wurde nur von einer 22-prozentigen Abhängigkeit ausgegangen. Der „Trick“: Auch die Nicht-EU-Länder Schweiz und Türkei wurden einbezogen, die weniger abhängig von russischem Gas sind. So kommt die EU-Kommission zu dem Schluss, dass mehr als drei Viertel der wegfallenden Gaslieferungen durch folgende Maßnahmen abgefedert werden könnten:

  • leichte Steigerung der eigenen Gasproduktion
  • stärkerer Import von Flüssiggas
  • zusätzliche Gaslieferungen aus Norwegen
  • Nutzung gespeicherter Gasreserven

22 Prozent der russischen Gaslieferungen können laut des Stresstests nicht durch diese Maßnahmen ausgeglichen werden, dies entspricht etwa vier Prozent des EU-weiten Gasverbrauchs. Diese Lücke soll laut der EU-Kommission durch freiwilliges Gassparen der Verbraucher und durch den Rückgriff auf andere fossile Energieträger gefüllt werden.

Vorerst gibt es Entwarnung, aber...

Der Stresstest beleuchtet den Zeitraum von September bis Februar und setzt voraus, dass die Mitgliedsstaaten miteinander kooperieren. Wenn die EU-Staaten im Ernstfall allerdings nicht gut zusammenarbeiten oder ein besonders langer, kalter Winter kommt, müssen sich vor allem die Menschen in Osteuropa auf eiskalte Wohnungen einstellen. Daher rief Oettinger erneut alle EU-Mitgliedsstaaten dazu auf, ihre Gasspeicher zu füllen. Im aktuellen Gaskonflikt gibt es indes etwas Entspannung: Vor Kurzem haben Russland und die Ukraine einen Gas-Deal für den kommenden Winter abgeschlossen. Wie es danach weiter geht, ist noch völlig offen.